Meine Erfahrung mit dem Tchibo Esperto Caffè Kaffeevollautomaten 2024: Dickes Marketing, dünner Kaffee
Tchibo kündigt mit seinem ersten Kaffeevollautomaten eine Produktneuheit an. Das mit Pauken und Trompeten beworbene Gerät darf in unserem Kaffeevollautomat-Test nicht fehlen. Da ist die Rede von „hauseigenen Kaffee-Experten“, die den Vollautomaten entwickelt und speziell auf Tchibo-Kaffees abgestimmt haben wollen.
Inhaltsverzeichnis
Den Tchibo Esperto Caffè gibt es für glatte 229 Euro (Stand: Feb. 2021) auf Amazon, im MediaMarkt und natürlich bei Tchibo. Was genau das Kaffeehaus da fabriziert hat und wieviel davon wirklich neu ist, habe ich genauer unter die Lupe genommen.
VORTEILE
- Kompakt
- Schickes Design
- Günstiger Preis
- Simple Funktionalität
NACHTEILE
- Kein Milchaufschäumer
- Feinster Mahlgrad vergleichsweise grob
- Dünne Kaffee-Ergebnisse
Der Tchibo Esperto Caffè im Überblick: Was ist daran neu?
Der Esperto präsentiert sich kompakt und elegant. Bei genauerem Hinsehen fällt dem Kenner aber sofort auf, dass nur eines an dem Gerät wirklich neu ist und von Tchibo stammt – nämlich das Kaffeebohnen-Logo an der Vorderseite.
Denn Severin hat schon im Jahr 2016 mit dem KV 8090 die Vorlage für den Tchibo-Automaten geliefert. Die beiden Geräte sind zu 100 Prozent baugleich. Tchibo präsentiert uns mit dem Esperto also ein „White Label“ – ein Produkt, das als Eigenmarke verkauft, aber von einem anderen Hersteller produziert wird.
Entwickelt haben die „Kaffee-Experten“ gar nichts. Und einen Kaffeevollautomaten auf eine Eigenmarke verschiedenster Bohnensorten abzustimmen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Whitelabeln ist an sich nicht verkehrt. Aber dem Kunden eine Neuheit vorzugaukeln, die keine ist, schon. Ganz verkehrt ist, das Marketing dann noch so zu würzen, dass der Kunde meint, er könne das Gerät am besten nur mit Tchibo-Bohnen verwenden.
Diese etwas irreführende Werbung ist nicht nur ärgerlich, sondern auch völlig unnötig. Der Esperto Caffè ist schon durch sein schlankes Preisschild attraktiv. Er ist für euch in den meisten Shops erschwinglicher als das Original von Severin. Obendrein könnt ihr euch nochmal rund 50 Euro Rabatt holen, wenn ihr das Gerät direkt bei Tchibo unter Vorlage der Kundenkarte kauft – wenn ihr nichts gegen Tchibo-Werbung im Postkasten habt.
Ich starte also mit einem bitteren Marketing-Beigeschmack in den Test, will mir das Gerät aber unabhängig vom Vorgänger trotzdem genau ansehen.
Dieses Video wurde uns freundlicherweise von coffeeness.de zur Verfügung gestellt
Der erste Eindruck: Viel Material für wenig Geld
Der kleine Esperto sieht nicht nur edel aus. Die hohe Menge an verbautem Edelstahl ist durchaus ungewöhnlich für die Preisklasse und verleiht dem Gerät einen hochwertigen Eindruck. Die überschaubaren Maße sorgen dafür, dass der Tchibo-Zwerg in jeder Küche Platz findet.
In seiner Funktionalität erinnert der Tchibo Esperto Caffè an den Melitta Caffeo Solo. Beide verzichten auf ein Milchschaumsystem und bieten mit Espresso, Crema und Americano drei klassische Getränke-Varianten eines Vollautomaten.
Sie sind für Puristen jedoch absolut ausreichend. Die minimalistische Funktionalität hat sogar einen Vorteil: Das schmale Display mit wenigen Touch-Symbolen ist übersichtlich und benutzerfreundlich.
Wassertank und Abtropfschale sind allerdings ebenfalls minimalistisch. Beides fügt sich aber gut in das kompakte Erscheinungsbild des Esperto. Und da das Gerät für kleine Haushalte ausgelegt ist, sollte sich das Nachfüllen und Ausleeren trotz des geringen Fassungsvermögens in Grenzen halten.
Beim Bohnenbehälter hat Tchibo dann doch Funktionalität vor Design gestellt. Das eigentliche Fassungsvermögen von 160 Gramm kann durch den mitgelieferten Aufsatz auf 300 Gramm erhöht werden. Fraglich ist nur: wieso?
Der Aufsatz zerschießt das hübsche Erscheinungsbild komplett. Und 300 Gramm Bohnen werdet ihr selten auf einen Rutsch verarbeiten. Schon gar nicht mit dem kompakten Wassertank.
Das Kegelmahlwerk aus Edelstahl wirkt langlebig und robust. Es ist stufenlos verstellbar und verstärkt den Eindruck, dass zu einem günstigen Preis ein durchaus hochwertiges Gerät vor mir steht.
Ein besonderes Gimmick hat sich Tchibo auch noch überlegt. Durch eine eigene Taste könnt ihr die „innovative“ Intense+ Technologie aktivieren. Eine Weltneuheit, die den Kaffeegenuss auf neue Ebenen hebt? Leider nicht.
Auf Deutsch bewirkt diese Zaubertaste schlicht, dass mehr Kaffeepulver verarbeitet und somit die Kaffeestärke erhöht wird. Trotz des einmal mehr misslungenen Marketings hat diese Taste durchaus ihre Daseinsberechtigung.
Die Vorbereitung: Nichts für schwache Nerven
Den Mahlgrad und die richtige Wassermenge einzustellen ist beim Tchibo Esperto Caffè kein Problem. Eigentlich. Denn obwohl ich die richtigen Einstellungen vorgenommen habe, spuckte der Kaffeevollautomat nur wässrige Plörre aus.
Das Problem: Die verarbeitete Kaffeemenge ist immer zu niedrig. Und das lässt sich auch nicht ändern. Es sei denn, ihr aktiviert bei jedem Kaffee zusätzlich die Intense+ Technologie. Die macht den Kaffee also nicht superintensiv, sondern erst einmal normal.
Das Mahlwerk ist zwar stufenlos verstellbar, aber auch die feinste Stufe ist noch vergleichsweise grob. Das ist mit ein Grund, warum die Ergebnisse nicht ganz überzeugen. Dass es auch in der niedrigen Preisklasse besser geht, zeigen vergleichbare Modelle wie der Melitta Caffeo Solo oder Delonghi ECAM 22.110.B.
Die Ergebnisse: Wie schmeckt’s?
Im Einsatz arbeitet der Tchibo Esperto unauffällig. Die Lautstärke ist normal, die Geschwindigkeit absolut in Ordnung. Wenden wir uns also gleich dem Wichtigsten zu: dem Geschmack.
Ist das Problem mit der Stärke erstmal erkannt, könnt ihr dagegenarbeiten. Intense+ und besonders kräftige Bohnen sollen die mitgelieferten Schwächen des Esperto ausgleichen. Das Ergebnis ist trotzdem nur mittelgut.
Der Espresso bleibt mir nicht als besonders gut im Gedächtnis, katastrophal ist er aber auch nicht. Durch die unzureichenden Einstellungen an der Maschine bleibt ein etwas wässriger Gesamteindruck.
Der Caffè Crema kann mich ebenfalls nicht überzeugen. Der Americano – also ein Espresso, der mit heißem Wasser gestreckt wird, – bringt etwas mehr Geschmack mit und ist heißer als die anderen beiden Getränke.
Vielleicht hätte ich das Gerät ja doch mit Tchibo-Bohnen testen müssen? Schließlich ist das Gerät ja extra darauf abgestimmt. Räusper.
Die Reinigung: Ein Hoch auf kleine Geräte
Beim Reinigen zeigt sich neben der geringen Stellfläche der größte Vorteil der überschaubar kleinen Bauteile. Alle wichtigen Teile sind leicht herausnehmbar und finden in jeder Spülmaschine ihren Platz. Auch per Hand ist alles schnell sauber.
Auch die Brühgruppe lässt sich einfach entfernen. Wenn ihr sie erst mal in der Hand haltet, kann es durchaus passieren, dass ihr euch in eure Kindheit zurückversetzt fühlt. Aber keine Sorge – die Brühgruppe ist keine Beilage aus dem YPS-Heft. Obwohl sie so wirkt. Es ist eine echte, funktionsfähige Brühgruppe.
Auch hier kann ich mir den Vergleich mit dem direkten Konkurrenten von Melitta nicht verkneifen. Die Brühgruppe des Caffeo Solo wirkt hochwertiger und weniger wie ein Spielzeug.
Allerdings hat die Spielzeug-Größe denselben Vorteil wie die anderen Kleinteile: Sie ist schnell und effektiv von allen Seiten gereinigt, getrocknet und wieder eingesetzt.
Zum Entnehmen und Wiedereinsetzen der Brühgruppe müsst ihr die Serviceklappe an der Seite der Maschine öffnen. Den Bereich hinter der Serviceklappe könnt ihr bei der Gelegenheit auch gleich reinigen, dort sammelt sich nämlich recht viel Kaffeepulver an.
VORTEILE
- Kompakt
- Schickes Design
- Günstiger Preis
- Simple Funktionalität
NACHTEILE
- Kein Milchaufschäumer
- Feinster Mahlgrad vergleichsweise grob
- Dünne Kaffee-Ergebnisse
Fazit zum Tchibo Esperto Caffè: Der große, dunkle Marketing-Schatten
Für ein Siegerplätzchen in unserem Kaffeevollautomat-Test hat es für den Tchibo Esperto Caffè nicht gereicht. Der „erste Kaffeevollautomat von Tchibo“ würde einen besseren Gesamteindruck hinterlassen, hätte er nicht eben diesen Titel verliehen bekommen.
249,00 Euro
Er ist nämlich schlicht ein White Label – oder einfacher ausgedrückt: der erste Kaffeevollautomat, der von Severin entwickelt und von Tchibo vertrieben wurde. Und ich finde, das dürfen wir auch ruhig so offen sagen.
Lassen wir die mangelhafte Arbeit von Tchibos Marketing-Abteilung mal außer Acht, schneidet der Esperto Caffè insgesamt recht ordentlich ab.
Die hochwertige Verarbeitung und das schlichte Design verpassen ihm einen eleganten Look, den wir bei dem niedrigen Preis zunächst nicht erwartet hatten. Zudem punktet er mit seiner kompakten Größe. Dadurch findet er schnell einen Platz und die Reinigung geht einfach von der Hand.
Die Funktionalität ist auf das Notwendigste reduziert, was eine intuitive Bedienbarkeit zur Folge hat. Die Getränke-Klassiker Espresso, Caffè Crema und Americano könnten allesamt einen volleren Geschmack haben. Ohne einen Tastendruck auf „Intense+“ sind die Ergebnisse nicht wirklich trinkbar.
Für Tchibo-Fans mit kleinem Budget kann der Kaffeevollautomat für zu Hause durchaus reichen. Dazu müsst ihr nur fähig sein, Tchibo sein bescheuertes Marketing zu verzeihen. Und die wahren Qualitäten des Tchibo Esperto Caffè erkennen: die kompakten Maße, das schicke Design und das kleine Preisschild.
Was muss ein Kaffeevollautomat für euch unbedingt können? Verratet es uns in den Kommentaren.
Kommentare
Norbert 24. Mai 2020 um 11:01
HI,
es wäre im Testbericht nicht ganz unwichtig, dass die Trestertabletten immer wieder keine Konsistenz haben ( als nur Bröckchen). Dass die Brühgruppe oben jede Menge Kaffeereste hinterlässt, das dann auch schimmelt, wenn man nicht nach oben mit den Fingern reinlangt und den Dreck rausholt. auch dass der Kaffee neben dem Auffangbehälter ziemlich viel werden kann ist nicht gerade sehr hygienisch.
Einschicken bei Problemen funktioniert reibungslos, ist aber ziemlich sinnlos, da die Maschine nach ein paar Tagen wieder denselben Stand hat. Auch der Reparaturservice gehört m. E. zu einem Test. Summa sumarum für mich keine Empfehlung, da eine Maschine, die Schimmelbildung, trotz konsequenter Reinigung lt. Beschreibung Bauart bedingt fördert, nichts in einer Küche zu suchen hat! Entkalkung ist ja auch ein bekanntes Problem.
Arne Preuß 9. Juni 2020 um 11:44
Hallo Norbert,
danke für deinen Kommentar und deinen kleinen Erfahrungsbericht zum Tchibo Esperto. Die Konsistenz der Kaffeepucks sind nicht ganz so wichtig. Hauptsache der Kaffee schmeckt. Jedoch ist das mit dem Kaffeepulver überall echt nicht gut! Ich konnte dieses Problem in unserem Test nicht feststellen, das kann ja aber auch erst nach einer Weile auftreten. Beste Grüße Arne
Mathis 29. Dezember 2020 um 18:34
Hallo,
zuvor hatte ich, für meine relativ kleine Küche, eine ena micro. Ende 2018 habe ich mich dann für die Esperto Caffe entschieden. Dazu bekam ich zum Launch zwei Tüten Tchibo Barista Bohnen und das Gerät mit Bohnen und dem Induktions- Aufschäumer. Er hielt btw zwei Wochen.
Ausschlaggebend war für mich schlichtweg die Gerätegröße. Ich persönlich trinke maximal 4 Kaffee am Tag. Bevor ich das Gerät kaufte hatte ich mich bei Tchibo informiert, den Kaffee probiert. Daheim habe ich zudem eine isomac Siebträgermaschine.
Um es kurz zu machen:
Ohne die „intense“ Funktion ist der Kaffee aus der Esperto Caffe nicht gut.
Bestätigen kann ich dass sich in der Maschine zum Teil durch bauartbedingt- verwinkelte „Löcher“ sehr viel Kaffeesatz sammelt. Ohne ein feuchtes Tuch und sehr viel Fingerfertigkeit ist die Maschine nur sehr schwer ordentlich zu reinigen.
Ich kann das Gerät nicht empfehlen und würde ich der Preisklasse eher zu einer Magnifica S raten. Der Kaffee aus der Esperto Caffe ist in Ordnung, das Design „nice“. Leider keine Kaufempfehlung!