Meine Erfahrung mit dem Nivona NICR 970 Kaffeevollautomat: Kaffeegenuss oder High-Tech-Irrsinn 2021
Wer sich intensiv in der (professionellen) Kaffee-Welt bewegt, kommt an Nivona kaum vorbei. Wer sich einfach nur einen Kaffeevollautomaten für die heimische Küche kaufen will, wird unter Umständen gar nicht erst auf die deutsche Marke aufmerksam. Neben einschlägigen Fachmessen gibt es die Nivona-Geräte nämlich fast ausschließlich beim Fachhändler.
Die Generation der Online-Shopper wird damit großteils ausgeschlossen. Dabei glänzen die Vollautomaten durchweg mit Benutzerfreundlichkeit, sinnvollen Funktionen und einfacher Eleganz. Zumindest bis hin zum Nivona NICR 970, der mit etwas zu viel High-Tech über das Funktionalitäts-Ziel hinausschießt.
Trotzdem kann sich die gelungene Maschine mühelos gegen die Konkurrenz in unserem Kaffeevollautomat Test behaupten.
Inhaltsverzeichnis
Nivona 970 im Überblick: Das hat der Kaffeevollautomat zu bieten
Der Nivona CafeRomatica 970 hat sehr vieles sinnvolle features, die uns schon auf den ersten Blick abholen:
- Elegantes, zeitloses Titan-Design
- Hochwertige Verarbeitung bis hin zu Bohnenbehälter und Aromaschutzdeckel
- Feinteilige und gleichzeitig übersichtliche Einstellmöglichkeiten
- Milchbehälter im Lieferumfang enthalten
- Herausnehmbare Brühgruppe
- Gelungenes Aroma Balance System für ausgewogenes Aroma
- Cappuccino Connaisseur für einstellbare Reihenfolge von Kaffee und Milch
- Eco-Modus mit Stromsparfunktion
- Abschaltautomatik
Fehlt euch die Nivona App auf dieser Liste? Kein Wunder, denn wir haben in unserem Testbericht auf den Einsatz der unnötig komplizierten Applikation verzichtet. Das große TFT-Farbdisplay lässt uns keine Einstellmöglichkeit vermissen und ist dazu noch wunderbar übersichtlich, reaktionsfreudig und selbsterklärend zu bedienen.
Wir empfehlen euch daher, das Smartphone zur Seite zu legen und die Steuerung einfach direkt an der Maschine vorzunehmen
Ansonsten glänzt der CafeRomatica 970 mit Hochwertigkeit und einem absolut stimmigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Nicht nur deswegen ist das Duell Jura gegen Nivona eine spannende Angelegenheit.
Wenn euch der Preis von über 1.300 Euro (Stand Juli 2021) dennoch abschreckt, sind die günstigeren Versionen Nivona 769 oder Nivona 825 eine ebenso hochwertige Wahl. Nur mit weniger (sinnlosem) High-Tech.
Der Nivona 970 stellt uns vor die Sinnfrage im Technik-Universum
Schon das Vorgängermodell NICR 960 hat uns mit einer Funktion überrascht, die in der Kaffeevollautomaten-Welt bisher einzigartig (sinnlos) ist. Beim NICR 970 ist dieses Feature ebenfalls dabei – die Rede ist von „Flying Picture“.
Dieses Extra erlaubt es euch, über die Nivona App eine Art „Bildschirmschoner“ für das Display einzustellen. Dafür könnt ihr sogar eigene Bilder über Bluetooth übertragen. Das Lieblingsfoto von Oma oder ein Schnappschuss aus dem letzten Strandurlaub als Hintergrundbild auf dem Kaffeevollautomaten? Kann man machen, braucht nur keiner.
Während das „Flying Picture“ einfach nur sinnlos ist, nervt uns eine andere visuelle Funktion des Nivona 970: Der Vollautomat spielt bei jeder einzelnen Kaffeezubereitung ein kleines Filmchen ab. Das Display zeigt den Brühvorgang eines Filterkaffees – ganz unabhängig davon, welches Getränk ihr gerade zubereitet
Insgesamt fällt deutlich auf, dass Nivona mit den technischen Innovationen beim NICR 970 etwas übertrieben hat. Das wirkt sich zum Glück nicht auf die wesentlichen Aspekte aus. Lassen wir also die sinnlose App, die nervigen Filmchen und den fragwürdigen Bildschirmschoner außer Acht, bleibt ein rundum gelungener Kaffeevollautomat übrig.
Benutzerfreundlichkeit & Lautstärke: Live-Kaffee & andere Besonderheiten
Nivona macht bei seinen Kaffeevollautomaten vieles richtig. So gibt der Hersteller jedem Modell die gelungene Live-Programmierung mit. Damit könnt ihr während der Zubereitung eurer Getränke die Parameter einstellen und speichern.
Dafür stehen euch neun freie Programmplätze zur Verfügung, die sich zu weiteren neun vorprogrammierten Kaffeespezialitäten gesellen. Deshalb spricht Nivona von „9+9“ Programmen.
Außerdem könnt ihr neben den Klassikern wie Mahlgrad, Kaffeetemperatur und Pulvermenge auch noch eine spezielle Einstellung vornehmen, um den Geschmack eures Kaffees zu verändern: die Durchlaufgeschwindigkeit des Wassers zur Beeinflussung der Kaffeestärke.
Der Vollautomat reguliert das über den Pumpendruck. Beim Nivona 970 könnt ihr den Wasserdruck dank „Aroma Balance System“ in drei Stufen selbst einstellen:
- Dynamic
- Constant
- Intense
Damit greift Nivona einen wichtigen Aspekt der Siebträger-Zubereitung auf. Allerdings findet ihr weder in der Bedienungsanleitung noch auf der Website weitere Informationen zu dieser Funktion. Wir werden die Stufen bei der Espresso-Zubereitung daher genauer unter die Lupe nehmen.
Das Edelstahl-Kegelmahlwerk arbeitet mit angenehmen und gleichmäßigen 66,4 Dezibel und ist in sechs Stufen einstellbar.
Espresso & Getränkevielfalt: Im Vergleich „Constant“ gut
Der Nivona NICR 970 ist der erste Vollautomat in unserem Test mit einer Pre Select Funktion für die Wassergeschwindigkeit. Wir wussten nicht, wie sich dieses „Aromatica System“ auf unseren Kaffee auswirkt und was wir zu erwarten haben. Wenig überraschend lautet das Fazit:
- Dynamic hat zu wenig Wumms – der Espresso wirkt unterextrahiert.
- Intense hat zu viel Wumms – der Espresso wirkt überextrahiert.
- Constant liefert ein perfektes Aromaprofil – Körper, Süße und Schokolade der Kaffeebohnen kommen zum Vorschein.
Zumindest mit den Bohnen von Coffeeness, die wir für unseren Testbericht verwendet haben, gibt es also keinen Anlass, das Aromatica System zu verwenden.
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Coffeeness Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Vollautomat.
Täglich frisch geröstet
Schokoladiges Aroma
Fair gehandelt
Für Espresso, Kaffee & Milchgetränke
Dieses Feature ist für den ein oder anderen Hobby-Barista bestimmt eine willkommene zusätzliche Möglichkeit, den Kaffee über Temperatur, Mahlgrad und Stärke hinaus zu beeinflussen. Für den Standard-Nutzer macht es die Bedienung aber mitunter komplizierter und erhöht schlichtweg die Fehlerquote.
Abgesehen von der Aroma Pre-Select Technologie gibt es zu Kaffee und Espresso nicht viel zu sagen. Beide sind wunderbar vollmundig und kommen schön gleichmäßig und angenehm temperiert aus dem Kaffeeauslauf.
Milchschaum-Qualität: Das Ende der Cappuccinatore-Fahnenstange
Spätestens bei Latte Macchiato, Cappuccino und Co erreicht der Nivona CafeRomatica 970 ein Niveau, auf dem sich Oberklasse-Geräte wie der Jura Z8 tummeln. Der One-Touch Spumatore Duo weiß, wie er mit Milch umzugehen hat:
- Zwei Milchgetränke gleichzeitig möglich
- Milchschaum feinporig und angenehm temperiert
- Cappuccino Connaisseur lässt euch die Reihenfolge von Kaffee und Milch bestimmen
Damit hat Nivona die Möglichkeiten der Kombination aus Milchschlauch und externem Milchbehälter so ziemlich ausgeschöpft. Apropos Milchbehälter: Passt hier bitte gut auf, dass ihr nichts verschüttet. Der Deckel liegt aus irgendeinem Grund nämlich nur lose auf dem Gefäß.
Reinigung: Gründlich, gründlicher, Nivona!
Nivona macht kein Geheimnis aus seiner Vorliebe für gründliche Reinigungsvorgänge. Auch der NICR 970 bringt zahlreiche Auto- und Pflegeprogramme mit, die euch den Weg zu einem blitzeblanken Vollautomaten erleichtern:
- Entnehmbare Brüheinheit
- Claris Wasserfilter
- Einfaches Durchspülen vom Milchaufschäumer über das Ventil in der Abtropfschale
- Füllstandüberwachung für Wassertank und Auffangbehälter
Alle Teile sind dabei ausgesprochen geräumig – vom Wassertank über die Abtropfschale bis hin zum Tresterbehälter. Das erspart euch häufiges Nachfüllen bzw. Ausleeren, erhöht aber gerade in der heimischen Küche die Gefahr von abgestandenem Wasser und Schimmelbildung. Im Büro oder in gut besuchten Geschäftsräumen ist der Nivona 970 allerdings gut aufgehoben.
Dazu punktet die Maschine mit leicht verständlichen, gut getimten Programmen für die Reinigung und das Entkalken. Das bunte Touch-Display lässt euch auch hier nicht im Stich und versorgt euch mit einer leicht verständlichen Anzeige während der Vorgänge.
Vorsicht in Sachen Reinigung ist beim Pulverfach gefragt. Es liegt so tief in der Maschine verbaut, dass ihr es besonders gründlich von Kaffeeresten reinigen müsst. Wie immer raten wir euch aber sowieso dazu, lieber auf frische Bohnen zurückzugreifen als auf fertiges Kaffeepulver.
Fazit zum Nivona 970: Test zeigt ein gutes Gerät mit schlechtem Marketing
Eines ist und bleibt für das Nürnberger Unternehmen allgemein gültig: Mit ihrer einseitigen Vertriebslogik stellt sich Nivona selbst ein Bein. Besonders in Zeiten, in denen der Gang zum Fachhandel für den modernen Kunden aufwändiger ist.
Die Aroma-Technologie, die Einstellmöglichkeiten, die Ergebnisse, effiziente Reinigungsprogramme und die einfache Bedienung sind überzeugende Vorteile des NICR 970. Nicht zuletzt überzeugt uns die Optik. Eine wenig gelungene App und das viel zu bewegte Display braucht unserer Meinung nach jedoch niemand.
Die positiven Eigenschaften sorgen dafür, dass ein weiteres Nivona Gerät in unserem Kaffeevollautomat Test mit der hochpreisigen Konkurrenz mithalten kann – und im Vergleich zu Jura, Miele und Co sogar einen Trumpf in der Hinterhand hat.
Wenn ihr allerdings auf der Suche nach einem Nivona CafeRomatica fürs Büro seid, seht euch den NICR 1040 genauer an. Erscheint euch jedoch der Preis des Nivona 970 für die heimische Küche übertrieben, werdet ihr vielleicht mit dem CafeRomatica 769 oder dem Einsteigermodell NICR 520 glücklich.
Unabhängig von der Preisklasse machen wir bei jedem Nivona-Test die Erfahrung, dass ein CafeRomatica Kaffeevollautomat immer eine gute Wahl ist. Ihr bekommt in jedem Fall ein hochwertiges Gerät mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Welches Nivona-Modell würde euch ins Haus kommen? Oder seid ihr mit einem anderen Hersteller glücklich? Teilt eure Erfahrungen in den Kommentaren mit uns!
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